Midgard
Midgard
Etwas ins rechte Licht rücken – dies ist im wahrsten Sinne des Wortes seit Curt Fischers Erfindung der ersten lenkbaren elektrischen Leuchte vor genau 100 Jahren nicht mehr nötig. Seine Innovation waren Leuchten, deren Lichtquelle man zu sich heranziehen konnte, deren Kopf gedreht und gewendet und der Lichtkegel so im gewünschten Winkel auf den Arbeitsplatz oder die zu erleuchtende Stelle ausgerichtet werden konnte – ein Meilenstein in der sich damals schnell entwickelnden Industrialisierung. Entdecken Sie ausgewählte Leuchten von Midgard im raumideen-Store in Dortmund und kaufen bzw. bestellen Sie Ihr Lieblingsstück.
Fischers berühmte Scherenleuchte, die auch „Lichtbogen“ oder „verstellbarer Wandarm“ genannt wurde, ließ er im November 1919 vom Reichspatentamt patentieren. Diesem Entwurf folgten zu Anfang der 1920er-Jahre ebenfalls unter dem Namen der neuen Marke Midgard weitere Leuchten. Die berühmtesten sind das Modell Nr. 113, das auf Grund seines gebogenen Stabs auch als „Peitsche” bezeichnet wurde, sowie das Modell Nr. 114. Die gestalterische Avantgarde der 1920er Jahre am Bauhaus entdeckte diese Lichtgeräte von Fischer für sich. Gestalter wie Marianne Brandt, Marcel Breuer, Walter Gropius und Laszlo Moholy-Nagy, aber auch Lyonel Feininger, Egon Eiermann, Sep Ruf und Jan Tschichold begeisterte deren frei bewegliches Licht und blendfreier Reflektor, den Curt Fischer 1922 als Erster in seinen Leuchten verarbeitete. Architekten, Fotografen, Typografen, Maler nutzten die Modelle in ihren Ateliers und schufen Einrichtungen in denen die Leuchten von Midgard als modernes Lichtgerät einen Stammplatz hatten. Beruhend auf diesen beiden Entwürfen entwickelte Fischer um 1930 die Maschinenleuchte, deren wartungsfreie Gelenke er ebenfalls patentieren ließ.
In den folgenden Jahren erlebte das Unternehmen große Wechselfälle: Nach dem Tod Fischers übernahm 1956 sein Sohn Wolfgang das Unternehmen. 1972 wurde Fischers Firma Ronneberger & Fischer sowie die Marke Midgard enteignet und es kam zur Umbenennung und Umstrukturierung zum VEB Industrieleuchtenbau Auma. Nach dem Mauerfall 1989 konnte die Firma reprivatisiert und in Midgard Licht GmbH umbenannt werden, 2002 haben Wolfgang Fischers Stieftöchter das Leuchtenunternehmen Midgard übernommen.
2015 übernahmen David Einsiedler und Joke Rasch neben den Rechten an den drei klassischen Midgard-Leuchtenserien (Maschinenleuchte, Lenklampen und Federzugleuchte) auch die Werkzeuge und das verbliebene Firmenarchiv mit hunderten Originalzeichnungen von Curt Fischer, Fotos, Briefen, Urkunden und weiteren Dokumenten. Bis dahin im Thüringischen Auma beheimatet, verlegten die beiden Unternehmer die Produktion nach Hamburg. Hier wurde die Fertigungsstrecke von Grund auf neu eingerichtet, modernisiert und unter Verwendung von originalen Werkzeugen und Maschinen wieder in Betrieb genommen.
Im Januar 2017 starteten die beiden Möbel- und Leuchtenexperten mit der Wiederaufnahme der Produktion von Curt Fischers Maschinenleuchte, die heute unter den Seriennamen Midgard TYP 500 (mit historischem Fuß) und TYP 550 (mit drehbarem Maschinenfuß) geführt wird. Erstmals um 1930 als technische Weiterentwicklung der seit 1919/20 produzierten Lenklampen hergestellt, gehört sie zu den frühen Gelenkleuchten der klassischen Moderne. „Wir bauen im historischen Kontext“, erklären David Einsiedler und Joke Rasch – und bringen so Licht in ein Stück vergessene Designgeschichte. Im Herbst 2017 folgte die Re-Edition der Federzugleuchte sowie die Aufnahme der einst von der Firma Kandem hergestellten Hängeleuchte K831. Die Wiederauflage der „Peitschenleuchte“ TYP 113 ist für das Jubiläumsjahr 2019 geplant.